Trakehnen ist versunken!

Kürzlich wurde ich gefragt: "Was ist für Sie Heimat?"

Für mich ist Heimat da, wo meine geliebten Trakehner Pferde eine neue Heimat gefunden haben, ob Ost oder West, ob in Süd oder Nord..." Zitat von Felizitas Tank

Trakehner

Das Ostpreussische Pferd Trakehner Abstammung

Das Trakehner Land (Gebiet Stallupönen) musste ein Pferdeparadies gewesen sein. Die Schilderungen dieses Fleckchen Erdes wird in den Büchern so lebendig beschrieben, dass man keine grosse Probleme hat sich dieses Pferdeland vorzustellen...

Die Zuchtanfänge

Die Trakehnerzucht basiert auf den Schweiken, eine kleine unscheinbare Pferderasse, die dem Tarpan nahesteht und die die Kreuzritter im 13. Jahrhundert im späteren Ostpreussen vorfanden. Der Wortstamm des Begriffs "Schweiken" soll aus dem Litauischen kommen und in etwa die Bedeutung von "gesund", "widerstandsfähig" und "robust" haben.
Die guten Eigenschaften der Schweiken erkannte der Deutsche Ritterorden um 1400 und fasste diese Pferde zur planmässige Reinzucht in sogenannten Ackergestüten zusammen.
Trakehnen kommt vom preussischen Trakas , das soviel wie Urbarmachung bedeutet. 600 Soldaten aus Memeln hatten 6 Jahre lang an der Rodung und Entwässerung des Pissa-Geländes gearbeitet, als der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., König von Preussen, 1732 an dieser Stelle das "Königliche Stutamt Trakehnen" begründete und mit 1'100 Pferden, darunter 500 Mutterstuten, das Hofgestüt belegte.
Es wurde ein 7 Kilometer langer Kanal angelegt und das moorige Lehmland wurde in fruchtbare Äcker und Weiden verwandelt. In dem durch die Pest vollkommen verwaisten Land siedelte der König Bauern an, um die spätere Versorgung des Gestütes zu gewährleisten.
Am 1. September 1732 wurde das Stutamt Trakehnen fertiggestellt und 1'101 Pferde bezogen die Stallungen.

Die Zuchtpolitik

Der preussische Staat und sein Militär brauchten leistungsfähige Remonten für die Kavallerie. Desweiteren versuchten sie mit einem eigenen Gestüt unabhägig von teuren, ausländischen Pferdeverkäufern zu sein und sollten auch durch ihren Verkauf die Staatskasse füllen.
Ein Kavalleriepferd musste den harten Anforderungen im Krieg gerecht werden. So wurde der recht kalibrige Landschlag - oft neapolitanischer Herkunft - in ein leichteres, wendigeres und anspruchsloses Halbblutpferd umgezüchtet. Dies geschah zunächst durch gezieltes Einkreuzen einiger orientalischer Hengste, die Härte, Ausdauer und Adel einbrachten.
Schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts stellten Trakehner Pferde neue Reiserekorde auf und unterboten die Standartzeiten auf der Strecke Berlin-Königsberg um 24 Stunden. Doch fehlte diesen Pferden einiges an Grösse, Fundament und Rahmen.
Seither wurde an der züchterischen Modellierung des Trakehner Pferdes gearbeitet, das seine später so bewunderte Typechtheit erst nach mehr als 100 Jahren erreichte.

Hauptwerke und Vorwerke Trakehnens

Trakehnen verfügte insgesamt über eine Fläche von 6'014 ha. Das Gestüt hatte 3'000 Einwohner und 1'100 Beschäftigte. Bis zu 15 Kilometer reichten die Strassen und Wege innerhalb dieser Fläche. Zwei Kreisstädte teilten sich die kommunale Verwaltung des Areals.
Zum Areal des Landgestüts gehörten insgesamt 16 Vorwerke, u.a Bajohrgallen, Gurdszen, Tankenischken, Danzkehmen, Burgsdorfshof, Birkenwalde, Kalapkin, Gudin, Jonastal, Lodszlanken, Mattischkehmen.
Äcker und Weiden in eigener Bewirtschaftung ernährten die Menschen, die Pferde und das Vieh. Oberstutmeister leiteten die Zucht-Vorwerke. Zwei Veterinäre betreuten tierärztlich den Bestand. Pferde und Wagen verbanden verkehrstechnisch alles miteinander.

Musterung der Pferde

Junge Hengste, die nicht Beschäler und junge Stuten, die nicht in die Mutterherden der Rappen, Füchse, Braunen oder Gemischtfarbenen eingereiht wurden, wurden dem Jagdstall überwiesen. Nach meist einjährigem Training auf der Trakehner Frühjahrs- oder Herbstauktion wurden diese Pferde öffentlich versteigert.
Durch seine Zucht nach Leistung ist Trakehnen wohl mehr als die anderen Zuchtgestüte in der Welt bekannt geworden. Seine Auktionen waren Vorbild für die heute international führenden Verdener Auktionen: möglichst lange Test- und Vergleichszeit, offene Demonstrierung, ehrliches Angebot, gewissenhafte Beratung.
Die Zahl der Mutterstuten schwankte in Trakehnen, durchschnittlich betrug diese aber um 300. Jährlich wurden einige Stuten gezielt der Privatzucht in Ostpreussen überlassen.

Das Land

1806 flüchtete das Hauptgestüt Trakehnen vor den Truppen Napoleons, verlegte die Pferde ins Baltikum und kehrte erst 1807 nach Trakehnen zurück, nachdem man einen französischen Schutzbrief für das Gestüt erhalten hatte.
Als die geschlagene Grande Armée 1812 aus Moskau zurückflutete, wurden die Pferde vorsichtshalber erneut von Trakehnen fortgeschafft. Diesmal in die Nähe von Neustadt in Schlesien, von wo man sie endgültig 1813 nach Trakehnen zurückführte.

Die zweite Flucht

Am 17.Oktober 1944 erhielt das Hauptgestüt Trakehnen vom Landratsamt Stalupönen angesichts der vor den Toren stehenden russischen Streitkräfte morgens um 5 Uhr den Befehl zur vollständigen Räumung des Hauptvorwerkes und den weiteren 11 Vorwerken, während gleichzeitig vom Landratsamt Gumbinnen ein striktes Räumungsverbot für die vier Vorwerke dieses Kreises ausgesprochen wurde.

Zu diesem Zeitpunkt gab es nach genauen statistischen Angaben 1'115 Pferde, darunter 20 Deckhengste und 378 Mutterstuten. Die Menschen flüchteten und nahmen zehntausende Pferde mit. Ohne die Pferde wäre eine der tragischsten und härtesten Fluchten der Geschichte nicht möglich gewesen.

Die Trakehner zogen kilometerlange Trecks Richtung Westen und in den angespannten Wägen fanden bis zu vier Familien Platz.

Bei eisiger Kälte kämpften sich zwei Millionen Menschen durch den Schnee. Die Strassen waren verstopft, die russischen Truppen näherten sich in rasantem Tempo. Oftmals schossen die Panzer der Roten Armee in die Trecks oder überrollten diese.

Zurück blieben Verwundete und Tote, Pferdekadaver und zerborstene Fahrwerke. Hunderttausend Menschen überlebten diese Flucht nicht und auch von den Trakehner Pferden erreichte nur ein Bruchteil den Westen.

Im Westen

Von 25'000 eingetragenen Stuten und 800 gekörten Hengsten erreichten nur knapp 900 die westlichen Teile Deutschlands.
Die Menschen, die erfolgreich aus dem Osten geflohen waren, wurden nicht mit offenen Armen im Westen empfangen. Der Westen war zerstört, die Menschen verwirrt, die Nahrung rar, weder für Mensch noch für Tier gab es essbares. So frassen die Pferde zur Not die strohgedecketen Dächer der Häuser. Im Westen konnte niemand den Geschichten der über den Haff geflohenen Menschen Glauben schenken. Viele hatten ihre Familie und ihr Zuhause verloren, zudem ihre Fluchthelfer, die Trakehner, da sie entweder verhungerten, an Krankheiten starben, verkauft oder geschlachtet werden mussten, oder schliesslich in russische oder polnische Gewahrsam kamen.

Das Ende der Zucht?

Nur noch 27 in Trakehnen geborene Stuten, keiner der eigentlichen Hengstbeschäler, bildeten 1945 in Westdeutschland zusammen mit wenigen ostpreussischen Stuten den Grundstock für die Erhaltung der heute wieder blühenden Trakehner Pferderasse.

Dr. Fritz Schilke und Siegfried Freiherr von Schroetter sorgten nach dem 2. Weltkrieg dafür, dass die Trakehner Fortbestand hatten. Hengste wurden in Landgestüten aufgenommen und Stuten wurden in der Landwirtschaft eingesetzt; sie wurden zu wichtigen Helfer des Neuanfangs nach 1945.
Am 23. Oktober 1947 wurde in Hamburg der "Verband der Züchter und Freunde des Warmblutpferdes Trakehner Abstammung e.V.", kurz "Trakehner Verband" gegründet. 1957 erschien das erste Hengstverzeichnis des Trakehner Verbandes nach dem 2. Weltkrieg, 1962 fand der erste Trakehner Hengstmarkt in Neumünster statt.